Willi Wacker
und Mischi und Maxi
Willi war ein niedlicher, graugetigert kleiner Kater mit weißen Pfoten und einem freundlichen Wesen.
Unsere Katzen mochten ihn, obwohl sie sich zuerst abwartend verhielten. Besonders Maxi hatte Angst vor ihm. Wenn er sich zeigte, blieb sie in der Wohnung. Aber nach und nach gewöhnte sie sich an ihn, und Mischi und Willi begrüßten sich bald mit einem Katzennasenkuss! Maxi hielt Abstand und er respektierte das. Das hinderte ihn aber nicht daran, sie auf
Schritt und Tritt zu verfolgen. Manchmal saßen sie zusammen auf der Palisade, die unsere Terrasse von der unserer Nachbarn trennte, jeder an einem Ende, und schwiegen sich an. Katzen sind schon sonderbare Geschöpfe. Vielleicht haben sie eine besondere Art, miteinander zu kommunizieren, die uns Menschen verborgen bleibt.
Uns Menschen begegnete Willi mit Misstrauen. Wenn wir ihm Futter hinstellten, fauchte er uns erst einmal an, bevor er zu seinem Teller ging. Die offene Terrassentür veranlasste ihn, seine Markierung an unserer Heizung abzugeben. Meine Freundin war wütend und wollte "das grässliche Vieh" vertreiben und "ihm eins Überzischen".Abends war alles vergessen, und er bekam sein Futter. Wenn Willi seinen Teller nicht leer fraß, erledigten das die Igel, die Katzenfutter auch sehr schätzen.
Willi liebte die Unabhängigkeit. Er blieb manchmal tagelang weg, und wir dachten oft, er hätte sich einen anderen Platz gesucht.
Aber er kam immer wieder zurück, manchmal sehr lädiert.
Einmal hatte er eine schlimme Pfote. Er hinkte stark und sah jämmerlich aus. Wir gaben ihm ein entzündungshemmendes Pulver, das nichts bewirkte. Wir wollten ihn zum Tierarzt bringen, aber er ließ sich nicht einfangen. Der Tierarzt gab uns Schlaftabletten, die wir ihm unter das Futter mischen sollten. Er wollte kommen, wenn die Tabletten gewirkt hätten. Sie wirkten aber nicht! Dann gab uns der Arzt noch mehr von den Pillen. Der Kater wurde zwar schläfrig, aber wenn wir uns ihm näherten, rannte er weg. Wir haben es noch ein drittes Mal versucht. Es hatte keinen Zweck, und da gaben wir es auf.
Seine Pfote heilte von selbst wieder zu!
Unsere beiden Katzen zogen das gesichertes Leben einer Hauskatze vor. Und sie hatten es ja auch gut. Sie konnten jederzeit ins Freie gehen und ihren Raubtierinstinkten nachgehen. Wir waren immer für sie da. Wenn sie nachts wieder rein wollten, klopfte Mischi bei meiner Freundin ans Fenster, und Maxi zirpte auf meiner Seite. Sie hatte eine niedliche kleine Stimme, die eigentlich gar nicht zu ihrem Wesen passte. Selbst wenn ich im tiefsten Schlaf lag, hörte ich ihre Stimme und ließ sie durch das Küchenfenster reinspringen. Manchmal saßen wir auch alle zusammen vor dem Fernseher, Maxi schlief auf dem Schoß meiner Freundin, und Mischi beobachtete an meiner Seite genau, was auf dem Bildschirm vor sich ging Das war sehr gemütlich.
Man könnte jetzt fortfahren: "So lebten alle drei Katzen glücklich bis ans Ende ihrer Tage". So war es aber nicht. Eines Tages, als Mischi auf ihr Futter wartete, tropfte Blut aus ihrem Bauch. Wir waren sehr erschrocken und gingen am nächsten Tag gleich mit ihr zum Tierarzt. Er meinte, es wäre ein Geschwür und wollte sie am nächsten Tag operieren.
Als er das Fell von ihrem Bauch abrasiert hatte, kam ein großer Bluterguss zum Vorschein. Der Arzt nahm an, dass irgend jemand sie getreten hatte, und er schimpfte furchtbar auf die schlechten Menschen! Mischi bekam einen Verband, und wir mussten alle zwei Tage mit ihr wieder zu ihm hinkommen. Sie fraß trotzdem gut und machte auch sonst keinen kranken Eindruck. Aber das Bluten wollte nicht aufhören, und kostbare Zeit verging. Endlich entschloss sich der Tierarzt, sie doch zu operieren. Der Bluterguss entpuppte sich als eine bösartige Geschwulst. Aber er meinte, er bekäme sie schon wieder hin.
Es sah auch so aus. Mischi erholte sich bald und fraß auch gut. Nur das Putzen machte Schwierigkeiten. Sie fing an zu stinken, weil sie ihr Hinterteil nicht sauber lecken konnte. Das machten wir dann mit einem feuchten Tuch und sie ließ es sich gerne gefallen. Es dauerte lange, bis die Wunde zuheilte. Als endlich der Verband abkam, hörte sie nicht auf, sich zu putzen!
Den ganzen Abend bearbeitete sie ihr Fell und hatte nicht mal Zeit zum Fressen.
Nach einiger Zeit, war alles wieder normal, und wir dachten, die Sache wäre ausgestanden.
Dann fing die Wunde wieder an zu bluten!
Und da haben wir das Dümmste getan, was man tun kann: wir haben sie noch einmal operieren lassen! Es hat nichts gebracht. Sie hat sich nicht erholt und sich wahrscheinlich gequält. Schließlich haben wir uns überwunden, sie einschläfern zu lassen. Meine Freundin ging mir ihr zum Tierarzt. Ich habe zu der Zeit noch gearbeitet. Als ich nach Hause kam, haben wir Mischi in ein Tuch gewickelt und in unserem kleinen Gärtchen begraben.
Beim Abendbrot haben meine Freundin und ich uns angesehen und geweint.
Mischi Unvergessen!
Maxi lebte auf. Acht Jahre musste sie sich mit dem zweiten Platz begnügen. Wir hatten aber nie das Gefühl, dass sie darunter litt. Sie hatte die Rangordnung akzeptiert und sich ihre eigenen Freiräume geschaffen. Es gab keine Streitigkeiten
zwischen den Katzen, und da sie beide nicht sehr verschmust waren, auch keine Eifersucht. Jeder ging seinen eigenen Weg. Maxi saß gerne auf einer Mauer, die drei erhöhte Terrassen umgab, und beobachtete von dort aus das Geschehen.
Die Mauer und die Terrassen waren beliebt bei allen Katzen, und so waren wir auch nicht sicher, ob Maxi es war, die die schlesischen Würste einer Nachbarin aufgefressen hatte, die unbedeckt auf der Terrasse standen!
Maxi wurde anhänglicher, als sie nun alleine war, aber ihre Gewohnheiten gab sie nicht auf. Sie brauchte ihre Freiheit.
Als wir einmal im Urlaub waren, und eine Bekannte sie versorgen wollte, hatten wir abgemacht, Maxi während der Zeit in der Wohnung zu lassen. Das war eine Katastrophe für Maxi und es wäre auch beinahe eine echte geworden, denn sie entdeckte das aufgeklappte Fenster. Als sie durch den Spalt klettern wollte, blieb sie hängen und rutschte immer tiefer in den Spalt. Sie schrie erbärmlich, und zum Glück kam ein Nachbar vorbei, der sie rettete. Daraufhin durfte sie wieder ins Freie. Sie wurde morgens rausgelassen und blieb bis zum Abend draußen. Das schien ihr sehr zu gefallen, und es hat ihr auch nicht geschadet. Als wir aus dem Urlaub nach Hause kamen, waren wir eifersüchtig, dass sie sich mit der Bekannten so gut verstand!
Willi war jetzt viel unterwegs. Er hatte viele Rivalenkämpfe zu bestehen, und sah immer zerrupfter aus, wenn er wieder auftauchte. Als er mal wieder eine kranke Pfote hatte und nur auf drei Beinen gehen konnte, haben wir uns eine Katzenfalle vom Tierheim geliehen, ein großes schweres Ding aus Metall. Da hinein sollten wir das Futter stellen, das wieder mit Schlaftabletten vermischt war. Es klappte, Willi ging hinein, und die Falle klappte zu. Da fing er erst einmal an zu toben und zu fauchen. Er versuchte durch die Trallen zu kommen. Als es gar nichts nütze, gab er auf und beruhigte sich. Er fraß sogar das Futter. Die Schlaftabletten wirkten, und wir riefen den Tierarzt. Der Tierarzt kam mit einer Spritze bewaffnet, die er Willi sicherheitshalber noch geben wollte und machte die Tür auf - und so schnell konnte man gar nicht sehen - Willi war weg!
Wir gingen ihn suchen, weil wir uns Sorgen wegen des Pulvers machten, aber er war verschwunden. Irgendwo schlief er seinen Rausch aus. Willi war nicht beleidigt und tauchte nach einigen Tagen wieder auf. Seine Pfote verheilte. Allerdings hinkte er seitdem ein wenig, was ihn aber offensichtlich nicht störte.
Jetzt machte uns Maxi Sorgen. Mir fiel auf, dass ein Auge seltsam starr war, und die Pupille sich nicht veränderte.
Auf anraten des Tierarztes gingen wir mit ihr zum Augenarzt. Er hatte viel Geduld mit Maxi, die mit der Untersuchung nicht einverstanden war und ein paarmal ausrückte. Endlich klappte es, und er stellte fest, dass sie einen Tumor hinter dem Auge hatte. Er meinte auch, dass sie auf dem Auge blind wäre. Maxi war aber munter und machte keinen kranken Eindruck. Wir beobachteten sie jetzt genau, denn Qualen wollten wir ihr ersparen. Schließlich wurde der Tumor so groß, dass sie eine deutliche Ausbuchtung auf dem Kopf hatte, und da haben wir sie einschläfern lassen. Wahrscheinlich zu früh, den Vorwurf habe ich mir immer wieder gemacht, aber die Erinnerung an Mischis Qualen war noch so lebendig, dass wir sie Maxi auf jeden Fall ersparen wollten.
Wir begruben Maxi neben Mischi.
Meine Freundin wollte jetzt keine Katzen mehr haben. Ich aber fand eine katzenlose Wohnung schrecklich. Nach fünf Tagen erwischte ich einen guten Zeitpunkt, und wir machten uns wieder auf ins Tierheim. Diesmal wollten wir uns gleich zwei und schon ältere Katzen holen.
Das waren Fieti und Mulli.
Von Ihnen wird auf der nächsten Seite zu lesen sein.